Die geplante EU Green Claims-RL und ihre Auswirkung auf Ecolabels

18.04.2024

Durch die geplante Green Claims-RL soll Greenwashing mittels Mindestkriterien für umweltbezogene Aussagen Einhalt geboten werden. Wie wirkt sich das auf Ecolabels aus?


Der im März 2023 von der Europäischen Kommission vorgelegte Kommissionsvorschlag will Verbraucherinnen und Verbraucher darin bestärken, aktiv beim ökologischen Wandel teilzuhaben. Unterstützend will sie durch künftig strengere Regeln für von Unternehmen getroffene umweltbezogene Angaben wirken. Darunter fallen auch striktere Bedingungen für Ecolabels.

Ecolabels und die verschiedenen Zertifizierungssysteme

Unter Ecolabels (synonym Umweltzeichen oder Nachhaltigkeitssiegel) werden Umweltaussagen in Form von Güte-, Qualitäts- oder gleichwertigen Zeichen verstanden, die den Zweck der Hervorhebung und Absatzförderung eines Produkts oder Unternehmens hinsichtlich seiner Umweltaspekte verfolgen.[2] Bekannte Ecolabels sind zB das EU-Ecolabel, das Österreichische Umweltzeichen sowie der Blaue Engel.

In einer vorbereitenden Studie im Auftrag der Generaldirektion für Justiz und Verbraucher bezüglich der aktiven Rolle von Konsumentinnen und Konsumenten am grünen Wandel ergab sich, dass von 232 überprüften, in der EU kursierenden Ecolabels beinahe die Hälfte einer unzulänglichen oder gar keiner Überprüfung unterlagen. Darüber hinaus ist lediglich einer Minderheit der Verbraucherinnen und Verbraucher der Unterschied zwischen Selbstzertifizierungssystemen und Zertifizierungssystemen Dritter geläufig. Nur bei Letzteren findet die Überprüfung der Labels durch Dritte statt.[3]

Im Rahmen von Zertifizierungssystemen wird bescheinigt, dass ein Unternehmen oder ein Produkt die Anforderungen an ein Ecolabel erfüllt (Art 8 Abs 1 Vorschlag Green Claims-RL). Dabei ist zwischen privaten Systemen, die von privaten Betreibern entwickelt werden, und öffentlichen Zertifizierungssystemen, deren Entwicklung regionalen oder nationalen Behörden vorbehalten ist, zu unterscheiden.[4]

Die neuen Anforderungen an Ecolabels

Grundsätzlich ist nur eine begrenzte Anzahl einheitlicher Anforderungen für Ecolabels vorgesehen, mit denen sichergestellt werden soll, dass Stellen, die für Ecolabels zuständig sind, und Unternehmen, die Ecolabels beantragen, keine unverhältnismäßig hohen Kosten tragen.[5]

Für ausdrückliche Umweltaussagen sieht der Kommissionsvorschlag bspw vor, dass diese auf wissenschaftlich fundierten Informationen basieren und neben positiven Umweltauswirkungen auch damit potenziell einhergehende andere (negative) Umweltaspekte aufzeigen. Ebenso müssen Angaben über die Kompensation von CO2-Emmissionen transparent sein. (Art 3 Abs 1 Vorschlag Green Claims-RL)

Von Zertifizierungssystemen sollen Informationen ua über Eigentumsverhältnisse, das Entscheidungsgremium und Ziele „transparent, kostenlos, leicht verständlich und hinreichend detailliert“ (Art 8 Abs 2 Vorschlag Green Claims-RL) bereitgestellt werden. Ebenfalls ist vorgesehen, dass die Anforderungen an Zertifizierungssysteme von Sachverständigen zu entwickeln sind und das Zertifizierungssystem über einen Beschwerde- und Streitbeilegungsmechanismus verfügt sowie bei schwerwiegenden Verstößen gegen das System die Entziehung des Ecolabels vorsieht. (Art 8 Abs 2 Vorschlag Green Claims-RL)

Ziele und Auswirkungen der Green Claims-RL

Neben den verschiedenen Zertifizierungssystemen variiert die immer größer werdende Anzahl an Ecolabels untereinander auffallend stark hinsichtlich Transparenz, Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit. Um dem entgegenzuwirken, sollen Ecolabels, die auf Selbstzertifizierung ohne Drittüberprüfung beruhen und nicht regelmäßig auf Einhaltung der zugrundeliegenden Anforderungen geprüft werden, verboten werden.[6]

Zusätzlich ist vorgesehen, dass die Genehmigung neuer privater Systeme lediglich von den Mitgliedstaaten erteilt werden dürfen. Gänzlich verboten werden soll die Schaffung neuer öffentlicher Systeme auf regionaler oder nationaler Ebene und diese nunmehr der EU-Ebene vorbehalten sein.[7]

Mit den Mindestkriterien für Ecolabels soll eine erhöhte Transparenz und Glaubwürdigkeit von Ecolabels sowie deren zahlenmäßige Eindämmung erreicht werden, da unverlässliche Zertifizierungssysteme herausgefiltert werden. Die Green Claims-RL wird die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen für Organisationen von Ecolabels erleichtern und Hemmnisse für den grenzüberschreitenden Handel mindern, zumal die Mitgliedstaaten keine nationalen Regelungen gegen die Verbreitung von intransparenten Labels entwickeln.[8]

Der Vorschlag zur Green Claims-RL will bereits auf EU-Ebene geregelte Ecolabels (zB EU-Ecolabel) unberührt lassen und den Bewertungs- und Kommunikationsanforderungen anderer sektorspezifischer EU-Rechtsvorschriften Vorrang geben. Die Green Claims-RL soll also als Sicherheitsnetz für alle Sektoren dienen, in denen Ecolabels nicht auf EU-Ebene geregelt sind.[9]

Vorausgesetzt, die Green Claims-RL tritt in Kraft, sind Auswirkungen auf Ecolabels, die nicht bereits auf EU-Ebene geregelt sind, unausweichlich. Die Folgen sind dabei breitgefächert und für Stellen, die für Ecolabels zuständig sind, oftmals kostspielig, sofern die Verwaltungs- und Befolgungskosten, die durch die erforderlichen Veränderungen der internen Verfahren (wie zB die Durchführung der Zertifizierung durch unabhängige Dritte) entstehen, nicht an Unternehmen weitergegeben werden. Sie reichen von Anforderungen an Transparenz und Glaubwürdigkeit sowie der Zertifizierung durch offiziell akkreditierte unabhängige Stellen bis hin zu zusätzlichen Anforderungen für neue öffentliche Systeme aus Drittländern und einem Verbot von Siegeln für kumulative Umweltauswirkungen, die nicht auf EU-Ebene eingeführt werden.[10]

Aussichten und Inkrafttreten der Richtlinie

Im Oktober 2023 ist der Berichtsentwurf zum Vorschlag der Green Claims-RL veröffentlicht worden. Am 14. Februar 2024 nahm der gemischte Ausschuss (Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz [IMCO] und Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit [ENVI]) den Richtlinienentwurf an. Der Bericht des Ausschusses wurde im März 2024 vom Plenum angenommen und soll nach den Europawahlen (6. bis 9. Juni 2024) vom neuen Parlament weiterverfolgt werden. Die Umsetzung der Green Claims-RL ist demnach in Verhandlung, ihr Inkrafttreten steht aber noch offen.

 

 


[1] Kommissionsvorschlag COM(2023) 166.

[2] Kommissionsvorschlag COM(2023) 166, 1.1.b).

[3] Kommissionsvorschlag COM(2023) 166, 1.1.b).

[4] Kommissionsvorschlag COM(2023) 166, 3.2.2.

[5] Kommissionsvorschlag COM(2023) 166, 2.3.

[6] Kommissionsvorschlag COM(2023) 166, 6.4. u ErwGr 42.

[7] Kommissionsvorschlag COM(2023) 166, 3.2.1.

[8] Kommissionsvorschlag COM(2023) 166, 3.2.2.

[9] Kommissionsvorschlag COM(2023) 166, 1.2.

[10] Kommissionsvorschlag COM(2023) 166, 3.2.1.f u 6.4.


Hinweis: die hier verwendeten Bilder wurden mit Hilfe von KI erzeugt.